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Ferialpraktikum – Volontariat – Ferialarbeit — Arbeits-, sozialversicherungsrechtliche und steuerliche Aspekte
Die Sommermonate sind die Zeit der "Ferialjobs". Einerseits greifen Unternehmen gerne auf Schüler oder Studenten zurück, um urlaubsbedingte Mitarbeiter-Engpässe auszugleichen, andererseits wird Schülern oder Studenten durch die Arbeit im Betrieb die Möglichkeit gegeben, die angeeigneten theoretischen Grundlagen praktisch anzuwenden. Je nach Zweck der Tätigkeit gelten allerdings unterschiedliche arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Bestimmungen.
Definitionen
:: (Ferial-)Praktikum
Die Tätigkeit erfolgt im Rahmen einer Ausbildung und dient Schulungs- oder Lernzwecken des Praktikanten.
Merkmale:
- ist lt. Lehrplan oder Studienordnung vorgeschrieben oder zumindest üblich
- keine Arbeitspflicht gegenüber dem Unternehmen
- keine Arbeitszeitbindung
- keine Weisungsunterworfenheit des Praktikanten (ausgenommen zur Gewährleistung der Sicherheit)
- keine Entgeltvereinbarung (freie Vereinbarung, idR Entschädigung, "Taschengeld")
:: Volontariat
Ähnlich dem Praktikum steht der Lernzweck im Vordergrund, mit dem Unterschied, dass dieser nicht durch einen Lehrplan oä. vorgesehen ist. Volontäre sind Personen, die idR zur Ausübung des Berufes theoretisch befähigt sind und ihre Kenntnisse praktisch zu erweitern suchen.
:: Ferialarbeit-Ferialpraxis ("Ferialjob")
Die Tätigkeit wird in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit verrichtet. Alle Beschäftigungsverhältnisse, auf die die oben genannten Merkmale nicht zutreffen, sind somit als Arbeitsverhältnisse zu qualifizieren, ungeachtet deren Bezeichnung.
Charakteristisch sind ua. folgende Kennzeichen:
- Arbeitspflicht
- Arbeitszeitbindung
- Bindung an Arbeitsaufträge
- Volle Entgeltvereinbarung
Arbeitsrecht
:: Ferialpraktikum / Volontariat
(Echte) Ferialpraktikanten und Volontäre sind keine Arbeitnehmer, folglich unterliegen sie nicht den kollektivvertraglichen und arbeitsrechtlichen Vorschriften, wie etwa Angestelltengesetz, Urlaubsgesetz, Entgeltfortzahlungsgesetz, AVRAG oä. und somit besteht kein Anspruch auf Sonderzahlungen oder Urlaubsabgeltung. Grundsätzlich besteht freies Auflösungsrecht des Vertrages von beiden Seiten, wird allerdings ein befristeter Vertrag geschlossen, so ist eine vorzeitige Kündigung sittenwidrig und nicht wirksam (vgl. OGH vom 30.11.1995, 8 Ob A305/95). In der Praxis wird oft freiwillig eine Entschädigung in der Höhe der Lehrlingsentschädigung des letzten Lehrjahres geleistet.
Sonderregelung Hotel- und Gastgewerbe
Der Arbeiterkollektivvertrag im Gastgewerbe sieht für ein Pflichtpraktikum die Bezahlung der jeweils geltenden Lehrlingsentschädigung des korrespondierenden Schuljahres verpflichtend vor.
:: Ferialarbeit-Ferialpraxis ("Ferialjob")
Ferialbeschäftigungen bei denen der Lern- bzw. Ausbildungszweck nicht im Vordergrund (z.B Urlaubsvertretung, Aushilfen etc.) und die vorrangig im Interesse des Arbeitgebers stehen, begründen ein Arbeitsverhältnis. Es sind alle arbeitsrechtlichen und kollektivvertraglichen Normen in vollem Umfang anzuwenden. Dies bedeutet insbesondere, dass das Arbeitsentgelt mindestens dem anwendbaren Kollektivvertrag entsprechen muss. Die Auflösung des Dienstverhältnisses erfolgt nach Vereinbarung (Probezeit, Befristung) oder nach Einhaltung der Kündigungszeit. Bei Beendigung des Dienstverhältnisses entsteht ein Anspruch auf anteilige Sonderzahlungen und Urlaubsentschädigung (lt. Kollektivvertrag).
Sozialversicherung
:: Ferialpraktikum / Volontariat
Da kein Dienstverhältnis vorliegt, sind auch keine Beiträge für Arbeitslosenversicherung, Kammerumlage, Wohnbauförderung und IESG-Zuschläge zu entrichten. Übersteigen die Entschädigungszahlungen die Geringfügigkeitsgrenze (derzeit € 316,19 monatlich), so ist der Praktikant zur Vollversicherung (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung; nicht Arbeitslosenversicherung) bei der Gebietskrankenkasse (GKK) anzumelden (§ 5 Abs.2 ASVG), andernfalls erfolgt lediglich die Anmeldung zur Unfallversicherung bei der GKK. Die Beiträge sind in der Beitragsgruppe D2p abzurechnen. Werden mehrere Praktikanten beschäftigt und übersteigt deren Entschädigung die eineinhalbfache Geringfügigkeitsgrenze (derzeit: € 424,29) so hat der Dienstgeber an Stelle des Unfallversicherungsbeitrages (1,4%) eine Dienstgeberabgabe zu entrichten. Diese ist einheitlich mit 17,8% (KV 3,85%, PV12,55%, UV 1,4%) der Beitragsgrundlage (alle geringfügig Beschäftigten) festgelegt. Für die Verrechnung der Dienstgeberabgabe ist die Verrechnungsgruppe N72 zu verwenden.
:: Ausländische Ferialpraktikanten
Praktikanten aus EU-Ländern sind inländischen Praktikanten gleichgestellt.
Praktikanten aus Nicht-EU-Ländern sind immer als Dienstnehmer zu melden und unterliegen der Vollversicherung gem. § 4 Abs. 1 Z 1 i.V.m. Abs. 2. ASVG.
:: Ferialarbeit-Ferialpraxis ("Ferialjob")
Im Falle eines Arbeitsverhältnisses wird die Geringfügigkeitsgrenze in der Regel überschritten, wodurch eine Vollversicherung (mit Arbeitslosenversicherung) bei der GKK notwendig ist. Die Beiträge sind nach den Beitragsgruppen A1 oder D1 abzurechnen.
Meldepflichten
Sowohl Praktikanten, Volontäre als auch Ferial-Angestellte (Voll- und Teilversicherte) sind vom Dienstgeber binnen sieben Tagen bei Beginn der Pflichtversicherung beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die Abmeldung ist ebenfalls binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung vorzunehmen.
Ferialpraktikanten aus Nicht-EU-Ländern müssen 2 Wochen vor Beginn der Beschäftigung beim Arbeitsmarktservice gemeldet werden. Ist der Praktikant Schüler oder Student einer einheimischen Bildungseinrichtung so wird keine Beschäftigungsbewilligung benötigt. Eine Meldung zur MVK ist nur bei einem Dienstverhältnis erforderlich.
Steuerrecht
In steuerlicher Hinsicht fehlt die Unterscheidung zwischen Praktikum und Arbeitsverhältnis. Die Finanzbehörden gehen -im Unterschied zur arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Einstufung – von einem regulären Dienstverhältnis aus (Rz. 976 LStR 1999). Dies hat bei Überschreiten der jeweiligen Grenzen (brutto monatlich € 900,- ohne AVAB bzw.
€ 1070,- mit AVAB) einen Lohnsteuerabzug zur Folge. Der Arbeitgeber hat einen Lohnzettel zu erstellen und diesen gem. § 84 EstG ab 2004 bis zum 15. des Folgemonats nach Beendigung des Dienstverhältnisses an das Finanzamt zu übermitteln. Mittels Arbeitnehmer-Veranlagung kann der Beschäftigte die allenfalls abgezogene Lohnsteuer – bis zu 5 Jahre rückwirkend – zurückfordern.
:: Ausländische Ferialpraktikanten
Gemäß § 3 Abs.1 Z 12 EStG sind Bezüge ausländischer (echter) Ferialpraktikanten, die bei einem inländischen Unternehmen nicht länger als 6 Monate beschäftigt sind, steuerfrei, sofern vom Ausland Gegenseitigkeit gewährt wird. Der Arbeitgeber hat geeignete Nachweise (insb. zur Praktikanteneigenschaft) zu erbringen.
Bild: © PhotographyByMK – Fotolia
© Böhaker & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbH & Co KG | Klienten-Info